In einer Schublade des schlichten Tisches, an dem Sorei immer sitzt, wenn sie in der Bibliothek arbeitet, findet sich ganz zuunterst ein schmales, unscheinbares Büchlein. Es ist offensichtlich, dass die Weise Frau dieses kleine Buch nicht jedermann zugänglich machen will. Auf der ersten Seite steht in ihrer strengen und kleinen Handschrift folgendes:


Aufmerksamer Leser.

Wenn Du dieses Buch in Händen hältst, dann hast Du entweder alle Werke der Bibliothek durchgelesen oder Du hast einfach nur Glück gehabt. Ich hoffe der Zeitpunkt ist der Richtige, aber ich fürchte ich kann das nicht mehr beeinflussen. Dieses Buch ist keine wissenschaftliche Abhandlung oder ein exakter Bericht von etwas längst Vergangenem. Vielmehr wird es irgendwann, vielleicht jetzt schon, wo Du es in Händen hältst, ein wichtiges historisches Dokument. Kein Zeugnis dessen, was einmal war, denn das findet man in anderen Büchern, sondern vielmehr ein Zeugnis dessen ‚Wer’ war. Ich habe die Arbeit an der Bibliothek aufgenommen, kurz nachdem die Aijnan nach Thrumumbahr zurückgekehrt waren. Ich wollte sicher gehen, dass kein Wissen mehr abhanden kommt. Du, der jetzt dies hier liest, wirst Wissen, ob es mir gelungen ist oder nicht. Orte und Taten werden nicht mehr in Vergessenheit geraten. Ebenso die Namen derer, die darin verwickelt waren. Wer aber waren sie wirklich? Diese Frage schoss mir durch den Kopf und ich fasste den Entschluss aufzuschreiben, wie ich die Aijnan sehe, die in dieser Zeit des Umbruchs und Neuanfangs maßgeblich beteiligt waren. Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Berichte nicht objektiv zu sehen sind, denn viele der Aijnan entstammen meiner Familie oder sind meine Freunde. Wie kann man objektiv über seine eigenen Kinder reden? Das kann wohl keine Mutter. Aber ich möchte sie alle unsterblich machen, in dem ich das aufschreibe was ich über sie denke. Es finden sich auch Berichte über einige Vogelreiter darunter, die ich zu späteren Zeitpunkten ergänzt habe. Die ersten Gedanken, die ich zu Papier brachte, werde ich auch nicht vernichten, so dass man sehen kann, wie sich eine Meinung änderte, wenn ich jemand besser kennen lernte. Da lebe ich schon so lange und bin immer wieder erstaunt, wie der erste Eindruck sich schlagartig wandeln kann.

Geneigter Leser, lies was ich niedergeschrieben habe und sorge dafür, dass wir nicht in Vergessenheit geraten; wir, die wir den Neuanfang miterlebt, mitgestaltet haben.


Sorei, Führerin der Weisen Frauen und Sitzende im Rat des Baumes.