Mein Sohn Somiad hat, obwohl er noch recht jung ist, sehr viel durchgemacht.

Als Kind war er in der Regel stets gut gelaunt. Er war nie etwas besonderes, außer für mich als Mutter. Herausragend war er auch nur in einem; er zählte zu den schnellsten und ausdauerndsten Läufern. Er war auch nie sonderlich Charmant, jedoch seine Eigenschaft, nicht unnötig um etwas herum zu reden, brachte ihm als Jugendlicher den Ruf ein, ungewöhnlich schnell einen Kuss zu bekommen. Ablehnungen steckte er mit einem Lächeln weg. Ich glaube auch, dass er öfter Erfolgreich war, als das er abgewiesen wurde.

Als er 15 Jahre alt war, erhielt er die Speere. Kurz darauf erreichte mich eine Nachricht von Moad, von dem wir bis zu diesem Zeitpunkt seit acht Jahren nichts mehr gehört hatten. Moad glaubte, dass er den Einen gefunden hätte. Kurzerhand schickte ich Somiad aus, seinen Bruder zu suchen. Ich gab ihm ein magisches Amulett mit, mit dessen Hilfe ich den Standpunkt feststellen konnte. So ersparte ich mir eine ewig lange Reise durch unbekanntes und gefährliches Gebiet.

Somiad blieb bei Moad in diesem für Aijnan ungewohnten Land. Somiad war so fasziniert von den vielen unterschiedlichen Rassen und Kulturen, dass er in meinen Augen den selben Fehler wie sein Bruder machte; er verliebte sich in eine Menschenfrau. Aber damit nicht genug, sie war auch noch 10 Jahre älter als er. Sie gingen den Bund ein und ehe man sich versah bekamen sie eine Tochter. Und kaum das diese Menschenfrau wieder konnte, war sie erneut schwanger und schenkte zwei Jungen das Leben. Ich glaubte, dass man diese Frau nur küssen musste und schon hatte sie wieder einen dicken Bauch. In jener Zeit war ich in der Wüste damit beschäftigt, die Ankunft des Einen, Elethan, mit den anderen Weisen Frauen der Clans, vorzubereiten. Aus diesem Grund konnte ich kein Auge auf meinen Sohn haben. Hätte ich damals die Möglichkeit gehabt ihn zu überwachen, ich hätte ihm höchstwahrscheinlich den Kopf abgerissen.

Jedenfalls kam die Zeit, dass meine Söhne mit ihren Familien in die Wüste zurück kehrten. Jene Zeit, die dann folgte, war für mich eine der schlimmsten. Mein geliebter Ehemann, Madhar, wurde vom Schattenläufer getötet.
Da es klar war, dass die Zeit der Clanhäuptlinge bald vorbei sein würde wegen Elethan, entschied man sich auf lange Beratungen zu verzichten, und beschloss, dass Madhars ältester Sohn sein Nachfolger sein sollte. Moad jedoch hatte die Führung der Läufer der Dämmerung übernommen, und weigerte sich, Clanhäuptling zu werden. Diese Entscheidung konnte jeder verstehen, denn Moad gehört nicht hinter einen Schreibtisch. So wurde die Häuptlingswürde an Somiad heran getragen, der keine andere Wahl hatte, als anzunehmen. Dafür sorgte ich. Natürlich war er mehr ein Symbol als ein führender Häuptling. Alle Entscheidungen, die zu treffen waren, redete ich ihm ein. Es hört sich vielleicht so an, als ob ich ihn Manipuliert hätte, aber was weiß ein Junge von 17 Jahren über Politik. Außerdem wussten alle, dass ich die Fäden ziehe. Am liebsten hätten sie auch mich zum Clanhäuptling gemacht, wenn das zulässig gewesen wäre.

Die Zeit wurde, trotz Elethan, nicht besser, sondern eher noch schlechter. Uns allen war klar, dass wir ein Zeichen setzen mussten, wenn wir die Vereinigung der Clans in die Wege leiten wollten. Obwohl wir wussten, dass der Schattenläufer uns auflauern würde und wir den Marsch nicht überleben würden, zogen wir, mit Somiad an der Spitze, in Richtung Ahinjamuhr. Die Hoffnung war gering, dass wenigstens ein Clan schnell genug reagieren würde, bevor wir alle den Tod fänden. Mittlerweile weiß wirklich jeder, dass Diam mit den seinen auftauchte und uns das Leben rettete. Jedoch waren unsere Verluste schrecklich. Ich verlor zwei Töchter, jedoch Somiad verlor seine ganze Familie; seine Frau und die drei Kinder. Danach stürzte er in einen seelischen Abgrund, vor dem ihn niemand heilen konnte.
15 Jahre lang hatte er sich dann in sich selbst zurück gezogen, in eine Welt, die nur für ihn existierte. Eine Welt, in der seine Frau und seine Kinder noch lebten. In jenen langen Jahren wäre Somiad ohne fremde Hilfe gestorben. Seine Schwestern und ich kümmerten uns Tag und Nacht um ihn. Wir flößten ihm Essen und Trinken ein, denn sonst wäre er einfach verhungert. Es war keine leichte Zeit. Erst nach der Wiederkehr, mit Hilfe der Quelle, der unendlichen Geduld von Tenisha und dem beherzten Auftreten von Lathandra, fing Somiad langsam wieder zu an Leben. Endgültig geheilt wurde er, als er seine seltsame Reise antrat. Auf jener Reise, die ihn über halb Balapur führte, wurde er zum Werkzeug der Göttin. Anders kann ich es nicht ausdrücken, denn es scheint, als ob SIE durch ihn Wunder wirken würde. Jedenfalls hat Somiad gen Ende der Reise eine Kreatur vernichtet, von der man behauptet, dass es sogar ein Sohn der Dämonin gewesen sein könnte. Er selber sagt, dass die Göttin ihn geküsst hätte. Tatsache ist, dass er sehr gefragt ist, seitdem er wieder zurück ist, wenn es ums Segnen geht. Ich weiß nicht, ob er besondere Gaben bekommen hat. Ich weiß nur, dass mein Sohn wieder lebt, auch wenn er sich verändert hat. Er stellt sich und sein Leben in IHREN Dienst, wie man sehr gut an der Halle der Göttin sehen kann, in der er lebt und versucht anderen zu helfen. Zusammen mit Nimeneah versucht er Trost zu spenden, wenn jemand einen Verlust erlitten hat, oder auch einfach nur zuzuhören, wenn jemand reden will. Ich persönlich finde diese Entwicklung gut, denn die Tage werden kommen, an denen wir allen Trost brauchen werden, den wir nur kriegen können.



Zusatz von Theiwia:

Somiad war mir schon immer ein Rätsel. Er hat es immer geschafft mir und meiner Heilkunst auszuweichen. Dabei ist es vollkommen egal, ob es sich um eine Verletzung des Körpers oder des Geistes handelte. Entweder lies er mich nicht helfen, oder ich konnte ihm dann nicht mehr helfen. So etwas ist im besten Fall irritierend.

Im Gegensatz zu Sorei konnte ich seine Frau sehr gut leiden. Zugegeben sie war keine Weise Frau, aber sie war nett, höflich, freundlich und unglaublich hilfsbereit. Überall packte sie mit an, war sich für keine Arbeit zu schade und gab sich große Mühe, sich in das Volk zu integrieren. Ihr Tod traf mich hart. Aber an jenem schrecklichen Tag, als so viele starben, war ich sowieso am Boden zerstört.
Ob Somiad in all den Jahren den Verlust seiner Familie verarbeitet hat, wage ich zu bezweifeln. Er kann jetzt damit leben. Mehr kann man wohl nicht erwarten.

Was seine besondere Beziehung zu der Göttin angeht, kann ich nur sagen, dass etwas daran sein muss. Ansonsten hätte er es wohl kaum geschafft einen Dämon zu vernichten. Was es aber genau ist, das weiß ich nicht, und um ehrlich zu sein ich will es auch nicht wissen. Wenn es soweit ist, dass Somiad diese Gabe einsetzen muss, dann ist etwas Schlimmes geschehen. Und darauf kann ich wirklich verzichten.